Nachdem die Kaufpreiskurve für Immobilien seit Jahren eisern aufwärts gezeigt hat, deutet sich nun eine Entspannung an. Laut der Auswertung einer großen Kreditvermittlungsplattform sanken die Immobilienpreise zum vierten Quartal 2022 um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Besonders ältere Objekte mussten deutliche Preisabschläge hinnehmen, was maßgeblich auf ihre im Allgemeinen geringere Energieeffizienz zurückzuführen sein dürfte. Um 7,5 Prozent gingen die Kaufpreise für vor 1990 errichtete Wohnimmobilien vom zweiten bis zum vierten Quartal 2022 zurück, 4 Prozent betrug dieser Wert bei Objekten, die ab 2010 gebaut wurden.

Besonders stark fielen die Preise in den Metropolen: In Hamburg, München und Frankfurt/Main wurde ein Rückgang von rund 8 Prozent verzeichnet, in Köln und Stuttgart 7 Prozent, in Berlin und Leipzig 4 Prozent.

Ein weiterer Trend: Hauskäufer begnügen sich mit weniger Wohnraum. Zwischen 2020 und 2022 sank die mittlere Wohnfläche der verkauften Eigenheime von 161 auf 156 Quadratmeter. Bei Wohnungen bliebt sie hingegen konstant bei 80 Quadratmetern.

Die Entwicklung überrascht viele Marktbeobachter nicht, denn eine Kombination gleich mehrerer Faktoren hat die überhitzte Preisentwicklung der vergangenen Jahre gebremst. Vor allem der rapide Zinsanstieg im Zuge der geldpolitischen Wende der Europäischen Zentralbank hat die Finanzierungskosten für Käufer massiv erhöht. Wo zuvor Hypotheken zu historisch niedrigen Zinssätzen erhältlich waren, müssen Kaufinteressenten nun spürbar höhere monatliche Belastungen einplanen. Dies reduziert nicht nur die Nachfrage, sondern zwingt Verkäufer zunehmend dazu, ihre Preisvorstellungen zu überdenken und realistischere Angebote zu unterbreiten.

Hinzu kommt der gestiegene Fokus auf energetische Sanierungsbedarfe. Seit der Energiekrise und den deutlichen Preisanstiegen bei Gas und Strom steht die Energieeffizienz eines Gebäudes stärker denn je im Mittelpunkt der Kaufentscheidung. Ältere Immobilien, die häufig einen hohen Sanierungsstau aufweisen oder schlechte Energiewerte besitzen, verlieren deshalb überdurchschnittlich an Wert. Käufer kalkulieren umfangreiche Modernisierungskosten ein, etwa für neue Heizsysteme, Dämmmaßnahmen oder die Erneuerung veralteter Fenster. Dies führt dazu, dass Preisabschläge bei älteren Immobilien oft unvermeidbar sind – insbesondere in Regionen, in denen das Angebot steigt und die Nachfrage gleichzeitig sinkt.

In den Metropolen wirken zusätzliche Faktoren. Die lange Zeit extrem hohe Nachfrage hat dort zu Preisniveaus geführt, die viele Kaufinteressenten bereits vor der Zinswende an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten gebracht haben. Seitdem die Finanzierungskosten steigen, hat sich der Käuferkreis weiter reduziert, was den Druck auf die Preise verstärkt. Besonders in Hamburg, München und Frankfurt/Main mit ihren ohnehin angespannten Wohnungsmärkten zeigt sich dieser Trend deutlich. Die Rückgänge von rund 8 Prozent markieren einen spürbaren Einschnitt, bleiben jedoch im historischen Vergleich moderat, da die Preise in den Jahren zuvor teils zweistellig gestiegen waren.

Interessant ist auch die beobachtete Veränderung der Wohnflächenpräferenzen. Während der Corona-Pandemie war die Nachfrage nach größeren Wohnflächen stark angestiegen – Homeoffice, Homeschooling und veränderte Freizeitgewohnheiten machten zusätzliche Räume attraktiv. Nun scheint sich dieser Trend zu normalisieren. Steigende Bau- und Energiekosten sowie höhere Finanzierungslasten führen dazu, dass Käufer wieder kompakter planen. Ein Eigenheim mit etwas weniger Wohnfläche ermöglicht geringere Investitionen, niedrigere Unterhaltskosten und einen insgesamt wirtschaftlicheren Betrieb. Trotz dieses Trends bleibt die durchschnittliche Wohnfläche im Vergleich zu früheren Dekaden weiterhin hoch, was zeigt, dass Käufer bewusst auf eine gute Balance zwischen Raumkomfort und Finanzierbarkeit achten.

Bei Eigentumswohnungen zeigt sich dagegen eine gewisse Stabilität. Die konstante mittlere Wohnfläche von rund 80 Quadratmetern deutet darauf hin, dass sich die Nachfrage in diesem Segment weniger stark verschoben hat. Wohnungen bleiben besonders für urbane Käufergruppen, Singles oder ältere Menschen attraktiv, die auf zentrale Lagen, geringere Instandhaltungspflichten und effiziente Grundrisse setzen. Zudem sind Wohnungen häufig ein bevorzugtes Investment für Kapitalanleger, die die Fläche im Hinblick auf Mietertrag und Rentabilität optimieren.

Langfristig stellt sich die Frage, ob es sich bei der aktuellen Preisentwicklung um eine kurzzeitige Marktreaktion oder den Beginn einer strukturellen Marktveränderung handelt. Vieles spricht dafür, dass der Immobilienmarkt in eine Phase der Konsolidierung eintritt. Extremwerte der vergangenen Jahre werden korrigiert, wobei regionale Unterschiede eine wichtige Rolle spielen. Ballungsräume bleiben aufgrund begrenzter Fläche und hoher Nachfrage vergleichsweise stabil, ländliche Regionen könnten stärkere Anpassungen erleben. Gleichzeitig gewinnt die energetische Qualität einer Immobilie weiter an Bedeutung und könnte mehr denn je zum zentralen Kaufkriterium werden.

Für Käufer ergeben sich daraus neue Chancen: Preisverhandlungen werden wieder möglich, die Auswahl an Objekten nimmt zu und energetisch gute Immobilien gewinnen an Attraktivität. Verkäufer hingegen müssen sich stärker mit realistischer Preisgestaltung, Renovierungsmaßnahmen und individuellen Vermarktungsstrategien auseinandersetzen.