Die Riester-Rente hat, vorsichtig formuliert, kein gutes Image. Ob sie reformierbar ist, wird in der Politik derzeit noch verhandelt. Für den Fall, dass die Antwort negativ ausfällt, hat der Versicherer-Gesamtverband GDV nun in einer Arbeitsgruppe unter Federführung der Chefin der Allianz Lebensversicherung, Katja de la Viña, einen Alternativvorschlag erarbeitet.

Das Konzept soll vor allem Geringverdiener begünstigen: „Für sie bietet ein einfaches, standardisiertes Altersvorsorgeprodukt – die Bürgerrente – mit leicht verständlicher attraktiver Förderung einen echten Mehrwert“, betonen die Autoren. Attraktiver soll das Vorsorgesparen nicht zuletzt durch höhere Renditechancen werden, die ein Absenken des Garantieniveaus ermöglichen würde; bei Riester müssen 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantiert werden. Die Rente soll lebenslang gezahlt werden, mindestens aber zehn Jahre, sodass die Ansprüche in dieser Zeit auch vererbt werden können. Zudem sollen Teilauszahlungen des zu Rentenbeginn angesparten Kapitals möglich sein.

Die Diskussion um die Zukunft der Riester-Rente ist seit Jahren festgefahren. Einerseits wird die Förderung als unverzichtbarer Bestandteil der privaten Altersvorsorge betrachtet, insbesondere für Familien, Alleinerziehende und Menschen mit niedrigem Einkommen. Andererseits hat die praktische Umsetzung der Riester-Rente zu einem erheblichen Vertrauensverlust geführt: komplizierte Fördermechanismen, hohe Kosten, starre Garantien und ein unübersichtlicher Produktdschungel haben das Modell für breite Bevölkerungsschichten unattraktiv gemacht. Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass der GDV nach alternativen Antworten sucht, sollten politische Reformbemühungen scheitern.

Mit der sogenannten Bürgerrente präsentiert der Verband nun ein Konzept, das an der Schnittstelle zwischen staatlicher Förderung und privater Kapitalanlage ansetzt. Eine zentrale Forderung ist die Vereinfachung – sowohl in der Struktur der Produkte als auch in den Förderbedingungen. Viele der heutigen Riester-Kritikpunkte beruhen auf einer übermäßigen Komplexität, die insbesondere Menschen mit geringen finanziellen Kenntnissen oder niedrigem Einkommen abschreckt. Ein standardisiertes Produkt, das leicht verständlich und transparent gestaltet ist, könnte dieses Problem deutlich entschärfen.

Die geplante Abkehr von der verpflichtenden 100-Prozent-Beitragsgarantie ist ein weiterer entscheidender Baustein. Fachleute sind sich einig, dass diese Garantie unter Niedrigzinsbedingungen zu erheblichen Renditeverlusten führt. Kapital muss sicher angelegt werden, um die Garantie gewährleisten zu können, und kann daher nicht in renditestärkere, aber schwankungsanfälligere Anlagen fließen. Das Resultat ist ein Produkt, das zwar sicher, aber kaum geeignet ist, langfristig Vermögen aufzubauen. Die Bürgerrente würde diesen Zielkonflikt entschärfen: mehr Freiheit für kapitalmarktorientierte Anlagen bedeutet potenziell höhere Renditen und damit eine deutlich attraktivere Altersvorsorge – insbesondere für jüngere Menschen und langfristige Sparer.

Auch die vorgesehenen Flexibilitäten bei Rentenbeginn zielen auf eine zeitgemäße Gestaltung der Altersvorsorge ab. Während Riester-Auszahlungen bislang eng reglementiert sind, könnte die Bürgerrente individuelle Lebenssituationen besser berücksichtigen. Teilentnahmen bei Rentenbeginn ermöglichen es Versicherten etwa, einmalige Ausgaben zu decken oder Schulden zu tilgen. Gleichzeitig sorgt die Mindestbezugsdauer der Rentenleistung dafür, dass Hinterbliebene im Todesfall nicht leer ausgehen. Diese Vererblichkeitskomponente erhöht die wahrgenommene Wertigkeit des Produkts und schafft Vertrauen.

Darüber hinaus sieht das Konzept vor, dass Verwaltungs- und Vertriebskosten streng reguliert und transparent dargestellt werden. Hohe Abschlusskosten gehörten zu den größten Kritikpunkten der Riester-Produkte. Eine kosteneffiziente Struktur ist daher ein zentrales Merkmal, um breite Bevölkerungsschichten wieder für geförderte Altersvorsorge zu gewinnen. Auch digitale Abschlusswege und standardisierte Prozesse könnten dazu beitragen, die Gesamtkosten zu senken und die Effizienz zu erhöhen.

Ein weiterer Aspekt, der im Konzept mitschwingt, ist die Frage nach einem fairen Zugang. Bislang profitieren diejenigen am stärksten von staatlicher Förderung, die sich ohnehin eine private Altersvorsorge leisten können. Die Bürgerrente soll dagegen besonders Geringverdiener unterstützen, indem Fördermechanismen gezielt verbessert werden. Höhere Zulagen, einfachere Anspruchsprüfungen und transparente Regeln könnten die Akzeptanz in dieser Zielgruppe deutlich erhöhen.

Gleichzeitig bleibt offen, ob sich das Modell im politischen Betrieb durchsetzen kann. Altersvorsorge ist ein sensibles Thema, das zahlreiche Interessen berührt – von der Versicherungswirtschaft über Arbeitgeberverbände bis hin zu Gewerkschaften und Sozialverbänden. Jede Reform erfordert daher einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Ob dieser gelingt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie überzeugend die Bürgerrente kommuniziert und politisch getragen wird.

Fest steht: Der Reformdruck auf die Riester-Rente steigt. Ohne grundlegende Veränderungen droht ein weiterer Rückgang der Vertragszahlen – mit langfristig gravierenden Folgen für die Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten. Die Bürgerrente könnte hier den dringend benötigten Neustart markieren. Doch ob sie tatsächlich umgesetzt wird, liegt letztlich in den Händen der Politik.