Erneuerbare-Energien-Anleger haben die Qual der Wahl: AIF, ELTIF 2.0 oder OIS?

Die Energiewende erfordert massive Investitionen, die ohne die Beteiligung privaten Kapitals kaum zu bewältigen sind. Um diese Finanzierungslücke zu schließen und Privatanlegern und Erneuerbare-Energien-Anlegern attraktive Möglichkeiten zur Investition in erneuerbare Energien zu bieten, haben europäische und deutsche Regulierungsbehörden zwei neue Anlagevehikel eingeführt:

1. Europäische Langfristinvestmentfonds in überarbeiteter Version (ELTIF 2.0)
2. Offene Infrastruktur-Sondervermögen (OIS)

Diese Instrumente ergänzen die bereits etablierten, aber weniger flexiblen alternativen Investmentfonds (AIF) und bieten insbesondere hinsichtlich der Liquidität mehr Spielraum.

Merkmale der neuen Anlagevehikel

ELTIF 2.0

– Flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten für Fondsmanager bezüglich:
* Mindesthaltedauer
* Kündigungsfristen
* Rücknahmehäufigkeit
* Liquiditätsreserven
– Möglichkeit zur Investition in Private Equity und Private Debt

OIS

– Ähnliche Struktur wie offene Immobilienfonds
– Mindesthaltedauer von zwei Jahren
– Kündigungsfrist von einem Jahr
– Maximale Projektgewichtung von 10% im Portfolio
– Mindestliquidität von 10%

Aktuelle Marktlage und Ausblick für Erneuerbare-Energien-Anleger

Derzeit sind erst wenige dieser neuen Fonds am deutschen Markt verfügbar. Es wird jedoch erwartet, dass in naher Zukunft weitere Produkte auf den Markt kommen werden.

Anleger sollten bei der Auswahl dieser Investitionsmöglichkeiten sorgfältig die spezifischen Bedingungen und Risiken prüfen, da sie sich in wichtigen Aspekten wie Liquidität und Anlagestrategie von traditionellen Fonds unterscheiden können.

 

Die genannten neuen Anlagevehikel ELTIF 2.0 und OIS eröffnen privaten wie institutionellen Anlegern mehr Flexibilität und Zugang zu langfristig angelegten Infrastruktur- und Energiewendeprojekten. Gerade vor dem Hintergrund wachsender Investitionsbedarfe – allein in Deutschland wird bis 2030 ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von mehreren hundert Milliarden Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien erwartet – könnten diese Instrumente eine zentrale Rolle spielen.

ELTIF 2.0-Fonds profitieren von einem europaweit harmonisierten Regulierungsrahmen und bieten grenzüberschreitende Vertriebschancen. Das macht sie für Fondsanbieter besonders attraktiv, die institutionelle und private Investoren in mehreren Ländern erreichen möchten. Die überarbeitete ELTIF-Verordnung, die seit Anfang 2024 gilt, reduziert zahlreiche bisherige Zugangshürden für Privatanleger – etwa durch die Abschaffung der Mindestanlagehöhe von 10.000 Euro sowie durch eine Lockerung der Anforderungen an die Vermögensallokation. Anleger können nun leichter in illiquide Sachwerte wie Windparks, Solarfarmen, Speicherprojekte oder Netzbetreiber investieren. Zusätzlich erlaubt ELTIF 2.0 im Unterschied zur Ursprungsfassung eine gewisse Beimischung liquider Anlagen, um Rückgaben besser bedienen zu können.

Offene Infrastruktur-Sondervermögen (OIS) hingegen sind auf Deutschland beschränkt, richten sich primär an semi-professionelle Anleger und zeichnen sich durch eine besondere Kombination aus Langfristigkeit und Liquiditätsschutz aus. Sie sollen insbesondere für nachhaltige Infrastrukturprojekte konzipiert sein, die sich durch planbare Zahlungsströme und stabile Erträge auszeichnen. Die Begrenzung der Einzelprojektgewichtung auf 10 Prozent verhindert Klumpenrisiken im Fondsportfolio. Durch die einjährige Kündigungsfrist erhalten die Fondsmanager Planungssicherheit hinsichtlich Mittelabflüssen, was langfristige Investitionsentscheidungen erleichtert. Gleichzeitig können Anleger nach Ablauf der Mindesthaltefrist flexibel über ihr Kapital verfügen, was die Attraktivität gegenüber klassischen geschlossenen Fonds deutlich erhöht.

Die etablierten Alternativen Investmentfonds (AIF) bleiben trotz der neuen Konkurrenz ein relevanter Bestandteil des Marktes. Insbesondere für spezialisierte institutionelle Investoren bieten sie weiterhin ein flexibles Instrument, auch wenn ihre oft restriktiven Rückgaberegelungen und die Mindestanlagesummen von 200.000 Euro sie für viele Privatanleger unzugänglich machen. In der Praxis dominieren hier Projektentwicklungen mit klarer Laufzeit, oft in Kombination mit steueroptimierten Strukturen.

Für Erneuerbare-Energien-Anleger bedeutet die erweiterte Produktauswahl auch eine neue Komplexität. Neben der rechtlichen Struktur und der Liquiditätsgestaltung sollten auch Aspekte wie die regionale Diversifikation, die Auswahl der Projektpartner und die ESG-Konformität des jeweiligen Fonds im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden. Dabei spielen auch externe Ratings und die Transparenz der Anbieter eine wichtige Rolle.

In Zukunft ist mit einem spürbaren Zuwachs an marktfähigen Produkten zu rechnen. Bereits heute befinden sich laut Brancheninformationen zahlreiche ELTIF 2.0-Strategien in der Genehmigungsphase. Auch mehrere OIS-Fonds mit Fokus auf Photovoltaik, Windkraft und Netzinfrastruktur sollen bis Ende des Jahres auf den Markt kommen. Die zunehmende politische Unterstützung für die Energiewende – etwa durch steuerliche Fördermaßnahmen und regulatorische Anreize – dürfte diesen Trend weiter beschleunigen.

Insgesamt lässt sich festhalten: Die Kapitalmärkte leisten einen immer größeren Beitrag zur Finanzierung nachhaltiger Energieinfrastruktur. Die Auswahl geeigneter Anlagevehikel erfordert allerdings ein gutes Verständnis der rechtlichen, steuerlichen und marktseitigen Rahmenbedingungen – und eröffnet gleichzeitig attraktive Chancen in einem zukunftsträchtigen Wachstumssegment.

 

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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Investitionen mit einem qualifizierten Anlageberater oder Versicherungsmakler wie z.B. „AMB Allfinanz Makler“ zu besprechen.