Rund 1,7 Milliarden Euro haben die deutschen Versicherer im vergangenen Jahr für Naturgefahren-Schäden an Kraftfahrzeugen gezahlt. Im langjährigen Durchschnitt richten Sturm, Hagel, Blitzeinschläge und Überschwemmungen Kfz-Schäden von rund 900 Millionen Euro an. Dass sich dieser Wert 2021 fast verdoppelt hat, geht zu einem großen Teil auf die Juni-Unwetterserie und die Ahrtal-Sturzflut im Juli zurück. Dementsprechend fiel die Überschwemmungs-Schadensquote in Rheinland-Pfalz mit 4,1 (Schäden pro 1.000 Kaskoverträge) und Nordrhein-Westfalen mit 2,9 exorbitant hoch aus. Alle anderen Bundesländer kommen auf weniger als 0,3. Rund 400 Millionen Euro Schäden wurden von Überschwemmungen verursacht, die verbleibenden 1,3 Milliarden Euro von Sturm, Hagel und Blitzen.
„2021 hat sich erneut gezeigt, dass die Folgen des Klimawandels in Deutschland längst spürbar sind. Schon wenige extreme Wetterlagen können immense Schäden anrichten“, zieht Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Bilanz.
Die außergewöhnliche Schadensbilanz des Jahres 2021 verdeutlicht eindrucksvoll, wie stark sich die Risikolandschaft im Zuge des Klimawandels verändert. Während früher Starkregenereignisse oder schwere Stürme eher als seltene Ausnahmen galten, treten sie heute häufiger und mit größerer Intensität auf. Besonders dramatisch ist dabei, dass extreme Wetterereignisse kaum vorhersehbar sind und oft Regionen treffen, die bislang als vergleichsweise sicher galten. Die massiven Schäden an Kraftfahrzeugen zeigen, dass nicht nur Gebäude und Infrastruktur betroffen sind, sondern auch mobile Güter in erheblichem Umfang gefährdet sind.
Die hohen Überschwemmungsquoten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen spiegeln die Auswirkungen der Ahrtal-Katastrophe wider, die als eines der gravierendsten Unwetterereignisse der jüngeren deutschen Geschichte gilt. Fahrzeuge wurden von den Wassermassen mitgerissen, weggespült oder durch eindringendes Wasser wirtschaftlich zerstört. Selbst in höher gelegenen Gebieten oder Orten weit entfernt von Flüssen kam es zu erheblichen Schäden, da Starkregen binnen Minuten Straßen in reißende Ströme verwandelte. Solche Ereignisse zeigen, dass viele bestehende Risikomodelle auf Grundlage historischer Daten dringend angepasst werden müssen.
Neben Überschwemmungen stellen auch Sturm- und Hagelereignisse eine zunehmend große Herausforderung dar. Hagelkörner mit immer größeren Durchmessern führen zu massiven Karosserieschäden, zertrümmerten Scheiben und beschädigten Fahrzeugdächern. Sturmböen können Fahrzeuge umstürzen, durch herabfallende Äste beschädigen oder Trümmerteile auf Straßen schleudern. In Summe entsteht daraus ein Schadensaufkommen, das Versicherer zwingt, ihre Risiko- und Tarifkalkulationen regelmäßig zu überarbeiten.
Zugleich wird deutlich, wie wichtig ein umfassender Versicherungsschutz ist. Viele Fahrzeughalter verlassen sich ausschließlich auf eine Haftpflichtversicherung, die jedoch keine Naturgefahrenschäden am eigenen Fahrzeug abdeckt. Erst die Teil- oder Vollkaskoversicherung schützt vor den finanziellen Folgen von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmungen. Angesichts der zunehmenden Wetterextreme gewinnt dieser Schutz erheblich an Bedeutung. Versicherer und Fachverbände betonen daher immer wieder, wie wichtig es ist, Policen regelmäßig zu prüfen und an die veränderte Risikolage anzupassen.
Auch für Versicherer selbst ergeben sich neue Herausforderungen. Der stetige Anstieg von Naturgefahrenschäden führt zu einer höheren Belastung der Schaden- und Unfallversicherungen und zwingt Unternehmen, ihre Rückversicherungskonzepte und Kapitalanlagenstrategien anzupassen. Gleichzeitig wächst der Druck, präventive Maßnahmen stärker zu fördern. Dazu gehören etwa Aufklärungskampagnen für Verbraucher, die Förderung widerstandsfähiger Fahrzeug- und Infrastruktursysteme sowie eine intensivere Zusammenarbeit mit Meteorologen und Klimaforschern.
Die Ereignisse des Jahres 2021 fungieren daher als Weckruf: Die Versicherungsbranche muss sich auf eine Zukunft einstellen, in der extreme Wetterereignisse häufiger auftreten und höhere Kosten verursachen. Kunden wiederum müssen sich bewusst machen, dass Naturgefahren keine abstrakten Risiken sind, sondern reale Bedrohungen für ihre Mobilität und finanzielle Sicherheit darstellen. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem eigenen Versicherungsschutz sowie mit präventiven Maßnahmen – wie sicheren Abstellplätzen, Wetterwarnsystemen oder baulichen Schutzvorrichtungen – kann dazu beitragen, die Risiken zu reduzieren.
Insgesamt zeigt die Schadensbilanz des Jahres 2021, dass Klimaanpassung und Risikobewusstsein zu zentralen Faktoren für Versicherer, Politik und Verbraucher werden. Nur durch ein abgestimmtes Zusammenspiel aller Beteiligten lassen sich die wachsenden Herausforderungen bewältigen und die finanzielle Resilienz gegenüber Naturgefahren stärken.
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