Private Unfallversicherung wird vom OLG 2024 bestätigt beim Ausschluss für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen

Der Fall vor dem OLG Karlsruhe betrifft eine private Unfallversicherung für den Sohn der Klägerin. Der Sohn, der an einer psychischen Erkrankung leidet, unternahm am 14. Januar 2019 einen Suizidversuch, indem er aus dem Fenster sprang und sich dabei schwere Verletzungen zuzog.

Die private Unfallversicherung lehnte die Leistung ab, da es sich nicht um ein unfreiwilliges Ereignis handle. Die Klägerin forderte daraufhin eine Invaliditätsleistung von 36.180 Euro sowie weitere Zahlungen.

Das Gericht bestätigte die Ablehnung der Versicherungsleistung, jedoch aus einem anderen Grund. Es erkannte an, dass bei einem Suizidversuch aufgrund einer psychischen Erkrankung die Freiwilligkeit fehlen kann. Allerdings griff in diesem Fall der Versicherungsausschluss für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen.

Somit wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, und ihr Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung wurde abgelehnt.

Aus unserer Sicht liegt hier allerdings auch ein möglicher Beratungsfehler zu Grunde. Diesen Umstand hat das OLG allerdings nicht zu prüfen gehabt.

TIPP: Prüfen Sie unbedingt Ihre eigene Unfallversicherung auf diese Ausschlussklausel – denn diese greift auch z.B. bei Alkohol oder Betäubungsmitteln, wobei selbst kleinste Mengen von z.B. Hanf ausreichen, um den Versicherungsschutz ggf. ganz oder teilweise zu versagen.

Der vorliegende Fall vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Versicherungsbedingungen privater Unfallversicherungen – insbesondere im Hinblick auf Ausschlussklauseln. Die Entscheidung zeigt, dass selbst bei einer grundsätzlich gegebenen Unfreiwilligkeit eines Ereignisses aufgrund einer psychischen Erkrankung der Versicherungsschutz entfallen kann, wenn der Unfall auf eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung zurückzuführen ist. Diese Konstellation ist in der Praxis nicht selten, etwa bei Vorfällen infolge epileptischer Anfälle, psychischer Krisenzustände, Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie medikamentöser Nebenwirkungen.

Die betreffende Ausschlussklausel zählt zu den klassischen Risikobegrenzungen in der privaten Unfallversicherung. Sie dient dem Schutz des Versicherers vor schwer kalkulierbaren Risiken, die aus der Eigenverantwortlichkeit oder Steuerungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers resultieren können. In der Regel umfasst die Klausel sowohl dauerhafte psychiatrische Erkrankungen als auch vorübergehende Bewusstseinsstörungen, z. B. aufgrund von Medikamenteneinnahme, Hitzeeinwirkung oder Kreislaufproblemen.

Besonders problematisch wird diese Regelung, wenn der Ausschluss ohne konkrete Subdefinition formuliert ist, was in vielen älteren Versicherungsbedingungen der Fall ist. In jüngerer Zeit hat sich die Versicherungswirtschaft bemüht, die Formulierungen klarer zu gestalten – auch um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Dennoch gibt es nach wie vor viele Tarife mit weit gefassten Ausschlussklauseln, deren Tragweite Laien meist nicht hinreichend bewusst ist.

Der vom OLG Karlsruhe entschiedene Sachverhalt verdeutlicht zudem, dass im Einzelfall eine differenzierte rechtliche Bewertung erforderlich ist. So wurde im Verfahren anerkannt, dass die Willensbildung des Betroffenen möglicherweise durch seine psychische Erkrankung so stark beeinträchtigt war, dass keine Freiwilligkeit im klassischen Sinne mehr vorlag. Doch auch wenn damit grundsätzlich die Leistungspflicht gegeben wäre, schlug im konkreten Fall der Ausschlusstatbestand durch – und machte den Anspruch dennoch zunichte.

Für Versicherungsnehmer bedeutet das: Der Teufel steckt im Detail. Es reicht nicht aus, sich auf eine „Unfallversicherung mit breitem Schutz“ zu verlassen. Entscheidend ist vielmehr, welche Bedingungen im Detail vereinbart wurden – und ob bestimmte Risiken ausgeschlossen sind. Auch scheinbar banale Verhaltensweisen wie der Konsum geringer Mengen alkoholischer Getränke oder pflanzlicher Drogen (z. B. Cannabisprodukte) können im Schadensfall dazu führen, dass die Versicherung ganz oder teilweise leistungsfrei wird.

Ein weiteres Augenmerk sollte auf die sogenannte „Mitwirkungsregel“ gelegt werden. Viele Verträge sehen vor, dass eine Vorschädigung oder eine Erkrankung, die zu mindestens 25 Prozent an den Unfallfolgen beteiligt ist, ebenfalls zur Leistungskürzung führen kann. Gerade bei älteren oder gesundheitlich vorbelasteten Personen gewinnt dieser Aspekt an Relevanz. Auch hier existieren mittlerweile moderne Tarife, die großzügigere oder sogar keine Mitwirkungsregelungen mehr vorsehen.

Im Zusammenhang mit dem Urteil ist ebenfalls zu beachten, dass die Rechtsprechung in den letzten Jahren bei psychisch bedingten Unfällen immer wieder feine Abgrenzungen vorgenommen hat – insbesondere bei Suizidversuchen oder selbstverletzendem Verhalten. Maßgeblich ist hier stets die Frage nach der Steuerungsfähigkeit des Handelnden. War diese aufgrund einer Erkrankung erheblich eingeschränkt, kann es an der Freiwilligkeit fehlen. Doch selbst wenn damit eine Leistungspflicht denkbar wäre, greifen oft die vertraglich vereinbarten Ausschlussklauseln, wie auch in diesem Fall.

Daher ist es für Verbraucher besonders wichtig, sich vor Abschluss einer privaten Unfallversicherung intensiv beraten zu lassen – nicht nur hinsichtlich des Leistungsumfangs, sondern auch hinsichtlich möglicher Ausschlüsse. Eine transparente Darstellung dieser Ausschlüsse und die Option, auf bestimmte Einschränkungen zu verzichten oder sie gezielt abzusichern, ist heute bei einigen Versicherern möglich.

Die Erkenntnis aus dem Urteil des OLG Karlsruhe: Eine private Unfallversicherung bietet keinen universellen Schutz. Nur durch gezielte Tarifauswahl, regelmäßige Aktualisierung und fundierte Beratung lässt sich sicherstellen, dass der Schutz auch dann greift, wenn man ihn wirklich benötigt – etwa in psychischen Ausnahmesituationen, bei Medikamenteneinnahme oder im Alltag durch unbewusstes Verhalten.

Darum ist es empfehlenswert, bestehende Versicherungsverträge regelmäßig auf Ausschlüsse und unzureichende Absicherungen hin zu überprüfen – insbesondere, wenn sich Lebensumstände oder gesundheitliche Situationen verändert haben.

 

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Datum der Urteilsverkündung: 16.05.2024
Aktenzeichen: 12 U 175/23 // Link zum Urteil
Gericht: OLG Karlsruhe

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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Investitionen mit einem qualifizierten Versicherungsberater oder Versicherungsmakler wie z.B. “AMB Allfinanz Makler” zu besprechen.