Immobilienfonds vor Herausforderungen: Mittelabflüsse und Preisflaute

Die jüngste Marktstudie der Ratingagentur Scope zeigt, dass die Aussichten für offene Immobilienfonds (OIF) in diesem Jahr ungünstig sind. Erstmals seit 17 Jahren ziehen Anleger mehr Geld aus den Fonds ab, als sie einzahlen.

Im ersten Quartal betrug dieser Nettomittelabfluss 900 Millionen Euro. Zudem belasten gesunkene Immobilienpreise die Renditen. Die 27 untersuchten OIF erzielten zuletzt eine Jahresrendite zwischen –11,6 und 3,1 Prozent, was einer durchschnittlichen Rendite von nur 0,5 Prozent entspricht.

Infolge dieser Entwicklungen und aufgrund „gestiegener Risikoparameter“ hat Scope das Rating von 11 der 27 Fonds herabgestuft, während nur ein Fonds ein Upgrade erhielt. Trotz dieser Herausforderungen drohen laut Analysten keine Liquiditätsprobleme, da die OIF im Durchschnitt 14,5 Prozent ihres Vermögens liquide halten.

Es könnte jedoch vereinzelt zu Rücknahmeaussetzungen kommen. Ein kleiner Trost für Anleger und OIF-Manager: Für 2025 erwartet Scope wieder attraktivere Renditen, die zu höheren Mittelzuflüssen führen könnten.

Zusätzlich zur schwachen Performance und den Mittelabflüssen sehen sich offene Immobilienfonds mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert, die durch die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verschärft werden. Besonders der seit 2022 stark gestiegene Leitzins im Euroraum hat das Bewertungsniveau vieler Immobilienprojekte nach unten gedrückt. Die infolge der Zinswende erforderlichen Abwertungen führen nicht nur zu niedrigeren Renditen, sondern auch zu bilanziellen Belastungen innerhalb der Fonds, was das Vertrauen vieler institutioneller und privater Anleger beeinträchtigt.

Auch regulatorische Anforderungen belasten das Geschäftsmodell. So führen strengere ESG-Vorgaben (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) zu zusätzlichem Investitionsbedarf in den Immobilienbestand – etwa durch energetische Sanierungen oder Maßnahmen zur Barrierefreiheit. Diese Aufwendungen sind kurzfristig renditemindernd, auch wenn sie langfristig den Wert der Objekte stabilisieren oder sogar steigern können. Gleichzeitig steigen die Betriebskosten durch Inflation und höhere Baupreise, was die Bewirtschaftungskosten erhöht und die Ausschüttungen weiter unter Druck setzt.

Die Vermietungssituation hat sich in einzelnen Marktsegmenten ebenfalls verschlechtert. Während Wohnimmobilien in gefragten Lagen stabil bleiben, zeigen sich insbesondere bei Büroflächen Leerstände und sinkende Mieten, vor allem in B-Lagen oder bei älteren Objekten ohne moderne Ausstattungsmerkmale. Diese Entwicklung verschärft sich durch den Trend zum Homeoffice, der die Nachfrage nach klassischen Büroflächen strukturell verringert. Logistikimmobilien hingegen bleiben vergleichsweise stabil, wenn auch mit leicht abnehmender Dynamik gegenüber den Boomjahren der Pandemie.

Zudem wirken sich die veränderten Rückgabemodalitäten auf die Fondssteuerung aus. Seit Inkrafttreten der gesetzlich verankerten Halte- und Kündigungsfristen im Jahr 2013 müssen OIF-Anleger ihre Rückgaben mindestens zwölf Monate im Voraus ankündigen. Diese Regelung schützt die Fonds zwar vor plötzlichen Mittelabflüssen, kann jedoch in Phasen negativer Medienberichterstattung oder nach Herabstufungen zu einem über Monate aufgestauten Rückgabedruck führen, der sich dann schlagartig entlädt.

Ein weiterer Aspekt ist die Konkurrenz zu anderen Anlageformen. Aufgrund der attraktiveren Verzinsung von Tagesgeld, Festgeld und Staatsanleihen fällt es OIF schwerer, ihre Ertragskraft überzeugend zu kommunizieren. Während diese klassischen Zinsprodukte einfache und transparente Alternativen darstellen, erfordert ein Investment in Immobilienfonds eine detailliertere Auseinandersetzung mit Objekten, Standorten und Mieterstrukturen – eine Komplexität, die viele Kleinanleger scheuen.

Trotz dieser Herausforderungen bleibt das Marktumfeld nicht ausschließlich negativ. Experten sehen in der aktuellen Korrekturphase auch eine Chance für Fondsmanager, ihre Portfolios strategisch neu auszurichten, unrentable Objekte abzustoßen und durch gezielte Investitionen in nachhaltige, zukunftsfähige Immobilien die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dabei könnten insbesondere Fonds profitieren, die sich auf Wohnimmobilien oder moderne, ESG-konforme Gewerbeobjekte konzentrieren. Gelingt es ihnen, sich gegen die Herausforderungen zu behaupten, könnten sich die Mittelzuflüsse tatsächlich – wie von Scope prognostiziert – im Laufe des Jahres 2025 wieder stabilisieren.

 

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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Investitionen mit einem qualifizierten Versicherungsberater oder Versicherungsmakler wie z.B. “AMB Allfinanz Makler” zu besprechen.