Sie besitzen die nötigen Flächen und den Willen, doch noch sind ihnen weitgehend die Hände gebunden: Offene Immobilienfonds dürfen gemäß Kapitalanlagegesetzbuch praktisch nicht in die Gewinnung und den Verkauf erneuerbarer Energien einsteigen. Das passt angesichts der Dringlichkeit der Energiewende nicht mehr in die Zeit und soll sich nun mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, dessen Referentenentwurf kürzlich vorgestellt wurde, ändern. Nach den bisher bekannten Plänen dürfen die Fonds zukünftig selbst Photovoltaikanlagen aufstellen, betreiben und den Sonnenstrom ins öffentliche Netz einspeisen. So soll mehr privates Investorengeld für die Erneuerbaren mobilisiert werden.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) begrüßt die Reform. Diese verspreche, wie die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Aygül Öskan im Fachmagazin procontra hervorhob, „aus Sicht der Immobilienwirtschaft einen echten Push für den Betrieb von Photovoltaikanlagen“. Nun müsse noch die 10-Prozent-Obergrenze im Investmentsteuerrecht angegangen werden, die für Stromeinnahmen von Spezial-Investmentfonds gilt. 

Die geplante Öffnung für erneuerbare Energien könnte einen tiefgreifenden Wandel im Geschäftsmodell offener Immobilienfonds einläuten. Jahrzehntelang konzentrierte sich diese Anlageform nahezu ausschließlich auf klassische Immobilieninvestitionen – Bürogebäude, Einzelhandelsobjekte, Logistikzentren oder Wohnanlagen. Obwohl viele dieser Objekte theoretisch über ideale Dach- und Freiflächen verfügen, durften Fonds bislang kaum aktiv in die Energieproduktion einsteigen. Die gesetzlichen Hürden verhinderten, dass brachliegendes Potenzial genutzt und ein direkter Beitrag zur Energiewende geleistet werden konnte.

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz wird nun ein Schritt eingeleitet, der sowohl politisch als auch wirtschaftlich hoch relevant ist. Angesichts steigender Energiekosten, der Unsicherheit globaler Energiemärkte und der ambitionierten Klimaziele ist der Ausbau erneuerbarer Energien dringlicher denn je. Immobilienfonds verfügen über große, bereits erschlossene Flächen, die sich ideal für Photovoltaik eignen. Die Möglichkeit, diese Flächen nun aktiv zu nutzen, könnte zu einem bedeutenden Beschleuniger des Ausbaus werden.

Für Investoren eröffnen sich neue Perspektiven. Die Integration von Energieerzeugung bietet die Chance, zusätzliche und vergleichsweise stabile Einnahmequellen zu erschließen. Solarstrom, der ins Netz eingespeist wird, generiert regelmäßige Erträge und kann so zur Stabilisierung der Fondsperformance beitragen. Gleichzeitig wird das Risikoprofil breiter aufgestellt, da die Stromerlöse teilweise unabhängig von Schwankungen am Immobilienmarkt sind. Gerade in Zeiten volatiler Immobilienbewertungen oder steigender Finanzierungskosten könnte diese Diversifikation ein entscheidender Vorteil sein.

Zudem wächst der Druck auf die Immobilienwirtschaft, nachhaltiger zu wirtschaften. ESG-Kriterien sind längst zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor geworden, und institutionelle Investoren achten verstärkt auf ökologische Performance. Der Betrieb eigener Photovoltaikanlagen erhöht die Energieeffizienz der Fondsimmobilien und verbessert die CO₂-Bilanz – ein bedeutendes Argument im Wettbewerb um Anlegergelder. Die Reform könnte also nicht nur ökologische Fortschritte ermöglichen, sondern auch die Attraktivität der Fonds für große Investoren steigern.

Gleichwohl besteht weiterer Reformbedarf. Die vom ZIA angesprochene 10-Prozent-Grenze im Investmentsteuerrecht gilt vielen Marktteilnehmern als Hemmschuh. Sie limitiert die Einnahmen aus Stromproduktion und verhindert damit, dass Fonds das volle wirtschaftliche Potenzial erneuerbarer Energien ausschöpfen. Erst wenn diese Grenze angehoben oder flexibilisiert wird, können Spezialfonds die Energieproduktion umfassend in ihre strategische Planung integrieren. Denn insbesondere bei größeren Liegenschaften oder in sonnigen Regionen kann der Energieertrag schnell die aktuelle steuerliche Obergrenze erreichen.

Auch regulatorisch wird es weitere Klarstellungen brauchen: etwa zu Fragen der technischen Anforderungen, der Netzeinspeisung, der Haftung oder der vertraglichen Gestaltung zwischen Fonds, Mietern und Energieversorgern. Viele Fondsmanager drängen daher auf eine möglichst praxisnahe Ausgestaltung, um die Umsetzung nicht durch bürokratische Hürden auszubremsen.

Darüber hinaus könnte die Reform zu einem Innovationsschub innerhalb der Immobilienbranche führen. Neben Photovoltaik gewinnen auch andere erneuerbare Technologien wie Wärmepumpen, Geothermie oder Solarthermie an Bedeutung. Zwar liegt der Fokus des aktuellen Entwurfs auf der Stromerzeugung, doch die Debatte über integrierte Energielösungen ist längst eröffnet. Gebäude der Zukunft werden nicht nur Räume bereitstellen, sondern zunehmend auch Energie erzeugen, speichern und intelligent verteilen. Die Anpassungen des Kapitalanlagegesetzes könnten hier den nötigen regulatorischen Startimpuls geben.

Für die Energiewende insgesamt stellt der Schritt einen wichtigen Meilenstein dar. Deutschland braucht erhebliche zusätzliche Investitionen, um seine Klimaziele zu erreichen. Staatliche Mittel allein reichen nicht aus – privates Kapital ist unverzichtbar. Immobilienfonds gelten als etablierte, volumenstarke Anlagevehikel, die genau diese Mobilisierung leisten können. Schon eine moderate Nutzung ihrer Flächenpotenziale könnte mehrere Gigawatt an zusätzlich verfügbarer Solarleistung ermöglichen.

Insgesamt zeichnet sich ab, dass die Reform weit über eine technische Anpassung hinausgeht. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Kapitalmarktpolitik, Energiewende und Immobilienwirtschaft sinnvoll miteinander verknüpft werden können. Ob das Zukunftsfinanzierungsgesetz letztlich den erhofften Schub auslöst, hängt jedoch von der Geschwindigkeit der Umsetzung, den steuerlichen Rahmenbedingungen und der Bereitschaft der Fondsanbieter ab, neue Wege zu gehen.