Gelten offene Immobilienfonds zu Recht 2024 noch als risikoarm?

Offene Immobilienfonds (OIF) werden oft als risikoarme Anlage eingestuft, was sie für sicherheitsorientierte Anleger attraktiv macht. Allerdings geht diese vermeintliche Sicherheit mit geringeren Renditen einher, wie die jüngste Entwicklung zeigt.

Die kürzliche Abwertung des „UniImmo: Wohnen ZBI“ um etwa 16,71% (ca. 800 Millionen Euro) innerhalb eines Tages verdeutlicht, dass das Sicherheitsversprechen nicht immer eingehalten wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für Anleger, das jeweilige Fondsportfolio genau zu prüfen.

Prof. Dr. Steffen Sebastian von der IRE|BS International Real Estate Business School empfiehlt, sich nicht ausschließlich auf die Diversifikation innerhalb eines OIF zu verlassen. Stattdessen sollten Anleger:

  1. Nur einen Teil ihres Vermögens in offene Immobilienfonds investieren
  2. Diesen Anteil auf mehrere Fonds verteilen
  3. Ihre Geldanlage insgesamt diversifizieren
  4. Eigene Immobilienwerte erwerben

Diese Strategie gilt selbst für Fonds der niedrigsten Risikoklasse, um das Gesamtrisiko zu minimieren und eine ausgewogene Anlagestrategie zu verfolgen.

Darüber hinaus spielt auch die allgemeine Marktsituation eine zentrale Rolle bei der Risikobewertung offener Immobilienfonds. Die Jahre 2022 bis 2024 waren geprägt von stark steigenden Zinsen, anhaltend hoher Inflation und Unsicherheit auf den Immobilienmärkten – Faktoren, die die Bewertung und Liquidität von Fondsimmobilien erheblich beeinflussen. Eine steigende Zahl von Rückgaben durch Anleger führte dazu, dass viele Fondsmanager Liquidität vorhalten mussten, anstatt Rendite durch neue Investitionen zu generieren. Diese „Vorsichtsliquidität“ kann die Performance zusätzlich belasten.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Bewertungen von Immobilien innerhalb offener Fonds nicht täglich an aktuelle Marktpreise angepasst werden. Sie erfolgen in der Regel monatlich oder quartalsweise durch externe Gutachter, die wiederum oft mit konservativen Bewertungsansätzen arbeiten. So kann es sein, dass Marktverwerfungen in den Nettoinventarwerten der Fonds erst mit Zeitverzögerung sichtbar werden. Das erhöht das Risiko einer plötzlichen Abwertung – wie im Fall des „UniImmo: Wohnen ZBI“.

Zudem rücken regulatorische und politische Risiken stärker in den Fokus. Diskussionen über verschärfte Mietpreisregulierung, energetische Sanierungspflichten oder Einschränkungen bei der Grundstücksnutzung könnten die zukünftigen Einnahmeströme und Wertentwicklungen von Fondsimmobilien beeinträchtigen. Auch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Rezessionen wirken sich indirekt auf Mieten, Leerstände und Bewertung aus.

Technologische Veränderungen – etwa veränderte Anforderungen an Büroflächen durch Homeoffice und Digitalisierung – stellen ebenfalls ein strukturelles Risiko dar. Fonds mit einem hohen Anteil an Büroimmobilien in innerstädtischen Lagen müssen langfristig ihre Nutzungsstrategien überdenken, um nicht an Relevanz zu verlieren.

Ein weiterer Punkt, der in der Risikobewertung berücksichtigt werden sollte, ist die Transparenz der Fonds. Während einige Anbieter detaillierte Informationen über ihre Immobilienportfolios, Mietverträge, Restlaufzeiten und Finanzierungsstrukturen bereitstellen, sind andere in ihrer Kommunikation zurückhaltender. Anleger sollten daher bevorzugt in Fonds investieren, die regelmäßig und offen über ihre Bestände berichten, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Nicht zuletzt gewinnt die ESG-Debatte – also ökologische, soziale und Governance-Kriterien – auch im Immobilienbereich an Bedeutung. Fonds, die nicht auf Nachhaltigkeit setzen, könnten künftig regulatorisch benachteiligt oder von großen institutionellen Investoren gemieden werden. Das kann langfristige Auswirkungen auf den Wert und die Nachfrage nach bestimmten Immobilien mit sich bringen.

Insgesamt gilt: Die Risiken offener Immobilienfonds sind vielfältiger geworden. Sie sind keine Sparbuchersatz-Instrumente mehr, sondern Anlageprodukte, deren Stabilität von vielen externen Faktoren abhängt. Anleger sollten sich deshalb nicht allein auf die Einstufung der Risikoklasse verlassen, sondern selbst aktiv bewerten, in welche Art von Objekten ein Fonds investiert, wie liquide er ist und wie er auf Marktrisiken reagiert. Nur so lässt sich eine verantwortungsvolle Anlagestrategie aufbauen, die auch künftig tragfähig bleibt.


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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Versicherungsbedürfnisse mit einem qualifizierten Versicherungsberater oder Versicherungsmakler wie z.B. „AMB Allfinanz Makler“ zu besprechen.