Bekanntermaßen hat auch die Pandemie den Preisanstieg bei Immobilien nicht bremsen können. Dennoch ist klar, dass irgendwann eine (Schmerz-)Grenze erreicht sein muss, ab der die Objekte unverkäuflich werden. Eine aktuelle Studie eines großen Immobilienportals legt nun nahe, dass dieser Punkt in vielen Städten erreicht sein könnte.

Für die Bankenmetropole Frankfurt am Main rechnen die Marktexperten sogar mit einem Minus von 5 Prozent zwischen April und Dezember 2022. Leipzig könnte einen Preisrückgang von 4 Prozent, die Bundeshauptstadt von 3 Prozent erleben. Nach unten zeigt die Kurve gemäß Studie auch in Nürnberg (–2 Prozent), Stuttgart und Dortmund (jeweils –1 Prozent). Für Dresden, Düsseldorf, Essen und Köln wird ein konstantes Kaufpreisniveau erwartet.

Die gebeutelten Kaufinteressenten in München, die häufig fünfstellige Quadratmeterpreise aufbringen müssen, können laut der Prognose nur bedingt aufatmen: Das Preiswachstum soll sich dort auf 1 Prozent verlangsamen. Weiterhin und noch stärker aufwärts geht es in Hannover (3 Prozent) und Hamburg (2 Prozent).

Die aktuellen Prognosen markieren eine bemerkenswerte Trendwende auf einem Immobilienmarkt, der über ein Jahrzehnt hinweg nahezu ausschließlich eine Richtung kannte: steil nach oben. Viele Marktteilnehmer hatten bereits in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass der stetige Preisauftrieb – befeuert durch günstige Zinsen, hohe Nachfrage und knappen Wohnraum – irgendwann an seine strukturellen und finanziellen Grenzen stoßen muss. Insbesondere die Verdreifachung der Bauzinsen innerhalb kurzer Zeit hat die Finanzierungsbedingungen spürbar verschärft, sodass selbst kaufkräftige Haushalte deutlich vorsichtiger agieren. Kreditraten, die früher mühelos tragbar schienen, belasten heute schon bei moderaten Darlehenssummen das Budget vieler Interessenten erheblich.

Parallel dazu wirken die gestiegenen Lebenshaltungskosten durch Inflation bremsend auf die Nachfrage. Während Immobilien lange Zeit als inflationssicher galten, führt das aktuell erschwerte Konsum- und Investitionsumfeld zu einer erhöhten Verunsicherung. Viele Kaufinteressenten zögern größere Anschaffungen hinaus, prüfen ihre Finanzierungsoptionen intensiver oder steigen vorerst ganz aus den Verhandlungen aus. Das Marktgeschehen verlagert sich zunehmend von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt – eine Situation, die in dieser Deutlichkeit seit den frühen 2000er-Jahren kaum mehr beobachtet wurde.

Interessant ist außerdem, dass die regionale Entwicklung äußerst heterogen ausfällt. Städte wie Frankfurt, Berlin oder Leipzig gehören traditionell zu den besonders dynamischen Märkten, in denen extreme Preisanstiege zu beobachten waren. Der nun erwartete Rückgang ist daher auch ein Ausdruck der enormen Preisniveaus, die dort in den vergangenen Jahren erreicht worden sind. In Metropolen, in denen der Quadratmeterpreis die durchschnittlichen Haushaltseinkommen weit hinter sich gelassen hat, ist die Preiskorrektur weniger ein Schock als eine marktlogische Konsequenz. Käufer sind schlicht nicht mehr bereit oder in der Lage, Preisforderungen zu akzeptieren, die realwirtschaftlich nicht mehr durch Einkommens- oder Mietentwicklungen gedeckt sind.

Umgekehrt zeigt sich, dass Städte wie Hannover oder Hamburg nach wie vor einen robusten Nachfrageüberhang aufweisen. Hier spielen neben wirtschaftlicher Stärke auch demografische Faktoren eine Rolle: Zuzug, Urbanisierung, attraktive Arbeitsmärkte und eine im Verhältnis zum Bedarf weiterhin zu geringe Bautätigkeit. Solche Märkte reagieren langsamer auf Zinsschocks und Preisüberhitzungen, weil strukturelle Nachfragefaktoren die Schwächung der Kaufkraft teilweise kompensieren können.

Hinzu kommt die Rolle der institutionellen Anleger, die in den vergangenen Jahren erheblich zum Preisniveau beigetragen haben. Viele Fonds, Pensionskassen und Versicherer treten inzwischen zurückhaltender auf oder haben ihre Ankaufsprofile verändert. In einigen Fällen werden Investitionen aufgeschoben, solange unklar ist, wie sich Zinsniveau, Baukosten und regulatorische Rahmenbedingungen entwickeln. Das trägt zusätzlich dazu bei, dass die extreme Nachfrage der letzten Jahre abkühlt.

Auch Verkäufer müssen sich auf ein verändertes Marktverhalten einstellen. Immobilien, die früher innerhalb weniger Wochen einen neuen Eigentümer fanden, bleiben nun häufiger länger im Angebot. Preisnachlässe, die vor kurzem noch undenkbar schienen, werden zunehmend in Kauf genommen, um Transaktionen nicht scheitern zu lassen. Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus wieder stärker auf die Qualität des Objekts: Energieeffizienz, Modernisierungszustand und Lagekriterien gewinnen an Bedeutung, während reine Spekulation eine deutlich geringere Rolle spielt. Altbauten mit schlechter Energiebilanz geraten spürbar unter Druck, denn Sanierungsbedarf und Energiekosten werden zunehmend in die Kalkulation einbezogen.

Langfristig könnte die derzeitige Entwicklung eine notwendige Korrektur darstellen, die den Markt stabilisiert und eine gesündere Preisbildung ermöglicht. Ein abrupter Einbruch ist jedoch – trotz der aktuellen Prognosen – nicht flächendeckend zu erwarten. Vielmehr zeichnet sich ein differenziertes Bild ab, in dem regionale Rahmenbedingungen, Zinsniveau, Einkommen und bauliche Qualität stärker über den Kaufpreis entscheiden als in der Vergangenheit.