Von 110 Millionen (2021) auf 140 Millionen Euro stieg 2022 die Summe, die von deutschen Versicherern innerhalb eines Jahres für entwendete Fahrräder gezahlt wurde – ein zuvor unerreichter Wert. Dabei blieb die Zahl der Diebstähle mit 140.000 um rund 10.000 unter der des bisherigen Rekordjahres 2019. Die versicherten Zweiräder sind allerdings deutlich teurer geworden, oder die Diebe greifen gezielter nach den hochwertigen Modellen. Die durchschnittliche Schadenssumme, 2019 noch 720 Euro, schwoll jedenfalls auf 970 Euro an und überkompensierte damit die geringeren Deliktzahlen.

Die Versicherer raten dazu, kostspielige Räder auch dann mit einem Schloss zu sichern, wenn sie im Keller stehen. Zudem kann sich der Abschluss einer Fahrradversicherung bzw. -klausel auszahlen, denn die Hausratversicherung bietet je nach Tarif nur begrenzten Schutz. So ist die Deckung für Fahrraddiebstahl beispielsweise häufig auf einen bestimmten Prozentsatz der Versicherungssumme beschränkt, was für teure E-Bikes oder Mountainbikes oft nicht ausreicht. Zudem gilt in vielen Verträgen eine Nachtzeitklausel, die den Schutz zwischen 22 und 6 Uhr auf die heimischen Räumlichkeiten begrenzt.

Die stark gestiegenen Entschädigungssummen spiegeln einen klaren Trend wider: Fahrräder – insbesondere hochwertige E-Bikes, Carbon-Mountainbikes und Lastenräder – entwickeln sich zunehmend zu begehrten Objekten für professionelle Diebesbanden. Parallel dazu hat sich das Fahrrad vom alltäglichen Fortbewegungsmittel zu einem oft kostspieligen Lifestyle- und Mobilitätsprodukt entwickelt. Viele Besitzer investieren mehrere tausend Euro in moderne Technik, leistungsstarke Akkus, spezielle Fahrwerke oder hochwertige Rahmen. Diese Wertentwicklung macht sich unweigerlich in der Schadensstatistik bemerkbar.

Gleichzeitig steigt der gesellschaftliche Stellenwert des Fahrrads. Im Zuge der Verkehrswende, steigender Benzinpreise und eines veränderten Umweltbewusstseins nutzen immer mehr Menschen das Rad als zentrale Mobilitätsform. Diese verstärkte Nutzung führt jedoch auch dazu, dass Fahrräder häufiger im öffentlichen Raum abgestellt werden – und damit potenziellen Dieben leichter zugänglich sind. Selbst gut gesicherte Keller, Tiefgaragen oder Fahrradboxen bieten keinen absoluten Schutz, wie zahlreiche Schadenmeldungen zeigen.

Ein weiterer Faktor ist die Professionalisierung der Tätergruppen. Viele Diebstähle erfolgen nicht mehr zufällig, sondern gezielt. Organisierte Banden haben sich darauf spezialisiert, hochwertige Räder systematisch zu entwenden, oft auf Bestellung und mit anschließender Verschiebung ins Ausland. Die hohe durchschnittliche Schadenssumme deutet darauf hin, dass nicht mehr überwiegend günstige Citybikes betroffen sind, sondern vermehrt hochwertige Modelle. Dies erhöht das Schadenpotenzial für Versicherer erheblich.

Vor diesem Hintergrund gewinnt der richtige Versicherungsschutz weiter an Bedeutung. Die Hausratversicherung deckt zwar Fahrraddiebstähle ab, doch die Bedingungen sind häufig begrenzt. Eine prozentuale Obergrenze der Versicherungssumme – beispielsweise 1 oder 2 Prozent – reicht bei teuren E-Bikes schnell nicht aus. Zudem erschweren Nachtzeitklauseln den Schutz, wenn das Fahrrad spät abends im Freien abgestellt ist oder aus gemeinschaftlich genutzten Räumen entwendet wird. Auch grobe Fahrlässigkeit, etwa ein nicht abgeschlossenes Fahrrad, kann den Versicherungsschutz erheblich einschränken.

Spezialisierte Fahrrad- oder E-Bike-Versicherungen bieten daher oft umfassendere Leistungen. Neben dem reinen Diebstahlschutz umfassen sie häufig auch Schutz bei Teilediebstahl (z. B. Akku, Sattel, Display), Vandalismus, Sturzschäden, Elektronikdefekten oder Akkuverschleiß. Gerade für teure Modelle, die im Alltag stark beansprucht werden, kann dies einen erheblichen Mehrwert darstellen. Einige Tarife beinhalten zudem Pannenhilfe, weltweiten Schutz oder eine Neuwertentschädigung, wenn innerhalb der ersten Jahre ein Totalschaden eintritt.

Doch auch unabhängig von der Versicherung bleibt Prävention ein wesentlicher Baustein. Experten empfehlen hochwertige, zertifizierte Schlösser – idealerweise eine Kombination aus mehreren Sicherungsarten. Ein stabiles Bügelschloss in Verbindung mit einem zusätzlichen Ketten- oder Faltschloss erhöht den Aufwand für Diebe erheblich. Zudem sollte das Rad immer an festen Gegenständen angeschlossen werden, da viele Diebstähle darauf zurückzuführen sind, dass das Rad zwar abgeschlossen, aber nicht gegen Wegtragen gesichert war. Auch GPS-Ortungssysteme, Rahmennummerregistrierungen und Codierungen können helfen, gestohlene Räder wiederzufinden.

Für viele Radbesitzer lohnt sich daher ein ganzheitlicher Blick auf Sicherheit, Absicherung und Nutzungsszenario. Wer sein Rad beruflich nutzt, regelmäßig pendelt oder es häufig im öffentlichen Raum abstellt, trägt ein höheres Risiko und sollte entsprechende Versicherungs- und Schutzmaßnahmen ergreifen. Die steigenden Schadenssummen der Versicherungswirtschaft zeigen deutlich, dass Fahrraddiebstahl kein Randphänomen ist, sondern ein finanziell relevantes Risiko, das ernst genommen werden muss.