Sturzflutrisiko 2024 schlägt sich künftig stärker in Versicherungsprämien nieder – steigende Risiken durch Extremwetter

Die Klimaforschung prognostiziert, dass Deutschland in Zukunft häufiger von Extremwettern wie Sturzfluten heimgesucht werden wird. Dieser Anstieg des Sturzflutrisikos wird laut dem „Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)“ in der aktuellen Prämienkalkulation für die Elementarschadenversicherung in der Gebäudeversicherung noch zu wenig berücksichtigt.

Sturzflutrisiko – Modellierungen

Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, werden derzeit für rund ein Drittel der Adressen in Deutschland, vornehmlich in Mittel- und Hochgebirgsregionen, Sturzflut-Risikomodellierungen erstellt. Diese sollen voraussichtlich ab 2025 in das Geoinformationssystem ZÜRS Geo einfließen, das für ca. 22 Millionen Adressen das jeweilige Risiko für Überschwemmungen, Starkregen und Rückstau angibt und von Versicherern standardmäßig für ihre Prämienkalkulation herangezogen wird.

Lehren aus der Juli-Flut 2021

Die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach begründet die ZÜRS-Ergänzung damit, dass insbesondere die Juli-Flut 2021 gezeigt habe, dass die bisherigen Hochwassersimulationen Sturzfluten nicht genau genug abbilden. In engen Gebirgstälern, in denen viel Wasser von den Berghängen stürzt, können die Flusspegel deutlich höher anschwellen als bei der gleichen Regenmenge im offenen Gelände.

Stärkere Prävention gefordert

Von zentraler Bedeutung sei laut Käfer-Rohrbach eine stärkere Prävention, unter anderem durch Baustopps in Risikogebieten. Die verbesserte Risikomodellierung soll dazu beitragen, die Prämienkalkulation an die steigenden Risiken durch den Klimawandel anzupassen und so die Versicherbarkeit von Extremwetterfolgen langfristig zu gewährleisten.

Neben den laufenden Anpassungen an den bestehenden Risikomodellen gewinnen auch kommunale und private Schutzmaßnahmen zunehmend an Bedeutung. Die Versicherer fordern daher nicht nur bessere Präventionsmaßnahmen seitens der Politik, sondern auch eine verstärkte Sensibilisierung der Hausbesitzer. In Hochrisikogebieten wird bereits darüber diskutiert, Elementarschadenversicherungen nur noch bei Umsetzung konkreter Schutzvorkehrungen zu akzeptieren – beispielsweise Rückstauklappen in der Kanalisation, hochwasserresistente Baustoffe oder die Erhöhung von Gebäudesockeln.

Ein wesentlicher Teil der Sturzflutmodellierung basiert auf topografischen Daten, Satellitenbildern, hydrologischen Analysen sowie historischen Schadendaten. Mithilfe künstlicher Intelligenz und Machine Learning werden diese Informationen zu probabilistischen Risikoprofilen zusammengeführt, die es ermöglichen sollen, Gebäude auf Hausnummernebene zu bewerten. Ziel ist es, nicht nur bestehende Schwachstellen zu identifizieren, sondern auch Szenarien für künftige Extremwetterlagen zu simulieren.

Versicherer planen, die neuen Daten nicht nur in die Prämienkalkulation zu integrieren, sondern auch als Grundlage für individuelle Risikoauskünfte bereitzustellen. Hauseigentümer könnten künftig über Online-Plattformen oder auf Anfrage detaillierte Informationen über das Sturzflutrisiko ihres Grundstücks erhalten – analog zur heutigen Abfrage im ZÜRS Geo-System.

Versicherungsmathematisch betrachtet erhöhen Sturzfluten den Kumulschaden in zuvor wenig beachteten Zonen. Während Flusshochwasser vor allem entlang großer Ströme wie Rhein, Elbe oder Donau einkalkuliert war, stellen kleinräumige Starkregenereignisse ein diffuses und weniger vorhersehbares Risiko dar. Das veränderte Schadengeschehen zeigt sich auch in den Schadenzahlen: Die durchschnittlichen Schadenhöhen bei Starkregenereignissen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, wie eine Auswertung des GDV nahelegt.

Zudem wächst die Zahl der Wetterextreme insgesamt. Meteorologen beobachten in den letzten Jahren eine Häufung von Starkniederschlägen, die binnen kurzer Zeit enorme Wassermassen freisetzen. Diese führen nicht nur zu Überschwemmungen, sondern auch zu Hangrutschungen und unterspülten Fundamenten – Schäden, die bislang teils nicht standardmäßig versichert waren.

Die Politik steht daher unter Druck, eine bundesweite Lösung für den Umgang mit Naturgefahren zu finden. Während einige Bundesländer bereits verpflichtende Beratungen zum Elementarschutz eingeführt haben, wird auf Bundesebene weiterhin über eine Pflichtversicherung diskutiert. Ein solches Modell müsste allerdings verfassungsrechtlich abgesichert und sozial verträglich ausgestaltet werden – beispielsweise durch Beitragszuschüsse für Haushalte mit geringem Einkommen.

In der Baubranche wächst ebenfalls das Bewusstsein für das Thema. Erste Pilotprojekte mit sogenannten klimaresilienten Neubauten sind im Entstehen. Diese Gebäude verfügen über erhöht liegende Technikräume, wasserdichte Kellerfenster und innovative Drainagesysteme. Die Erkenntnisse daraus könnten künftig in Normen und Bauvorschriften einfließen, um die strukturelle Widerstandsfähigkeit gegen Sturzfluten systematisch zu verbessern.

Insgesamt zeigt sich: Das Sturzflutrisiko ist kein hypothetisches Zukunftsthema mehr, sondern eine reale Herausforderung, die bereits heute Einfluss auf Versicherungsprämien, Bauplanung und Stadtentwicklung nimmt – und künftig noch stärker das Risikomanagement in Deutschland prägen wird.

 

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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Versicherungsbedürfnisse mit einem qualifizierten Versicherungsberater oder Versicherungsmakler wie z.B. „AMB Allfinanz Makler“ zu besprechen.