Laut einer aktuellen Auswertung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft bleibt die durchschnittliche Schadenshöhe bei Unfällen mit Elektroautos um 10 bis 15 Prozent unter der ihrer „Zwillingsmodelle“ mit Verbrennerantrieb. In der Folge finden sich E-Autos jeweils in tieferen und damit kostengünstigeren Typklassen als ihre Geschwister mit Benzin- oder Dieselantrieb. Einige Beispiele: VW Golf VII, BMW i3/220i, Hyundai Konas und Ioniqs sowie Smarts.

Ausnahmen bilden der Renault Zoe, der wie der Clio bewertet wird, und der Nissan Leaf, der in einer ungünstigeren Typklasse rangiert als der Pulsar. Für den reinen Elektrohersteller Tesla kann ein solcher Vergleich naturgemäß nicht angestellt werden. Behelfsmäßig wurden seine Modelle S und 3 daher ähnlichen BMW-Modellen (540I XDrive und 330I) mit Verbrennungsmotor gegenübergestellt: Auch hier zeigen Letztere eine bessere Schadensbilanz und damit Typklasse als die E-Autos.

Die Studienautoren mutmaßen, dass die tendenziell noch geringere Reichweite der Elektrofahrzeuge ausschlaggebend für ihre insgesamt günstigeren Typklassen ist: Um die Batterie zu schonen, fahren viele Nutzer vergleichsweise langsam und defensiv. Die daraus resultierenden Beitragsvorteile in der Kfz-Haftpflicht dürften ein kleiner Trost für die von den rasant gestiegenen Strompreisen gebeutelten Mobilitätspioniere sein. 

Die Ergebnisse dieser Analyse sind in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, da sie zentrale Vorurteile gegenüber Elektrofahrzeugen widerlegen und gleichzeitig aufzeigen, wie sich technologische Veränderungen auf den Versicherungsmarkt auswirken. Häufig wird angenommen, dass Elektroautos aufgrund ihrer hohen Anschaffungskosten, ihrer komplexen Batterietechnologie und der spezifischen Werkstattanforderungen besonders teuer in der Versicherung seien. Tatsächlich zeigt sich in der Kfz-Haftpflicht ein anderes Bild: Die geringere Schadenshöhe führt zu niedrigeren Typklassen und damit zu günstigeren Prämien.

Ein wesentlicher Grund liegt – wie die Studienautoren vermuten – im Fahrverhalten der E-Auto-Nutzer. Die Reichweitenproblematik veranlasst viele Fahrer dazu, schonender, defensiver und vorausschauender unterwegs zu sein. Wer häufiger auf Energieeffizienz achtet und Beschleunigungen vermeidet, reduziert automatisch das Unfallrisiko und die Intensität möglicher Kollisionen. Gerade für Vielfahrer oder Pendler, die einen stabilen Energieverbrauch anstreben, spielt dieses defensive Fahren eine entscheidende Rolle. Damit zeigt sich, dass technologische Beschränkungen – in diesem Fall die begrenzte Reichweite – unbeabsichtigt zu einem sichereren Fahrstil beitragen können.

Zudem werden Elektrofahrzeuge häufig urban genutzt, wo Durchschnittsgeschwindigkeiten niedriger sind und schwere Hochgeschwindigkeitsunfälle seltener vorkommen. Viele Modelle sind bewusst für den Stadtverkehr konzipiert oder werden als Zweitfahrzeuge eingesetzt. Auch dieser strukturelle Faktor wirkt sich günstig auf die Schadensstatistik aus. Für Versicherer bedeuten niedrigere Durchschnittsschäden nicht nur geringere Aufwendungen, sondern auch besser kalkulierbare Risiken in einem ansonsten jungen und dynamischen Marktsegment.

Dennoch zeichnet das Bild nicht ausschließlich Vorteile für Elektroautos. Während die Kfz-Haftpflicht in vielen Fällen günstiger ist, gilt dies nicht automatisch für die Teil- oder Vollkaskoversicherung. Reparaturen an E-Fahrzeugen können besonders kostspielig sein, da die Batterieeinheit, komplexe Sensorik und spezielle Karosserieformen oftmals teure Ersatzteile erfordern und nur von qualifizierten Werkstätten mit spezieller Ausrüstung durchgeführt werden können. Ein Schaden, der bei einem Verbrenner verhältnismäßig einfach zu beheben wäre, führt beim E-Auto mitunter zu höheren Werkstattkosten, längeren Standzeiten oder sogar zu wirtschaftlichen Totalschäden, wenn die Batterie betroffen ist.

Interessant ist daher der Vergleich mit Tesla, einem Hersteller ohne Verbrenner-Pendants. Die Studie zeigt, dass entsprechende BMW-Modelle trotz leistungsstarker Motorisierung bessere Schadensbilanzen aufweisen als die Tesla-Pendants. Dies deutet darauf hin, dass Fahrstil, Fahrzeuggewicht, Reparaturkosten und Unfallstrukturen je nach Fahrzeugtyp und Nutzergruppe stark variieren können. Tesla-Fahrzeuge sind häufig leistungsstark, beschleunigungsfreudig und in höheren Preisklassen angesiedelt – Faktoren, die sich eher negativ auf Schadenhöhen und Reparaturkosten auswirken.

Aus Sicht der Versicherungswirtschaft verdeutlichen die Studienergebnisse, dass die Elektromobilität differenziert betrachtet werden muss. Während bestimmte Modelle nachweislich zu günstigen Typklassen führen, können andere, insbesondere leistungsstärkere oder technisch anspruchsvollere Fahrzeuge, höhere Schäden verursachen und somit ungünstigere Versicherungsbedingungen nach sich ziehen. Für Verbraucher ist es daher sinnvoll, die Versicherungsprämien verschiedener Elektrofahrzeuge vor dem Kauf genau zu vergleichen, da die Unterschiede je nach Modell erheblich sein können.

Die dynamische Entwicklung des E-Auto-Marktes macht zudem deutlich, wie wichtig kontinuierliche Datenerhebung und wissenschaftliche Analyse sind. Je mehr Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind und je mehr realistische Schadensverläufe vorliegen, desto präziser können Versicherer Tarife kalkulieren. Mit steigender Verbreitung und technologischer Weiterentwicklung wird sich auch die Typklassenbewertung weiter verändern. Verbesserte Reichweiten, neue Batterietechnologien und Assistenzsysteme könnten das Unfallrisiko langfristig weiter senken – oder durch höhere Reparaturkosten ausgleichen.

Letztlich verdeutlicht die Analyse, dass E-Autos nicht nur aus ökologischen Gründen zunehmend attraktiv werden, sondern auch aus versicherungstechnischer Sicht Vorteile bieten können. Für viele Verbraucher ist dies ein zusätzlicher Anreiz, den Umstieg auf die Elektromobilität zu wagen – selbst wenn die Energiekosten derzeit belasten. Wie sich dieser Trend weiterentwickelt, hängt maßgeblich von technologischen Innovationen, politischer Förderung und der Preisentwicklung der Strommärkte ab.