Offene Immobilienfonds zu Unrecht als risikoarm bewertet

Offene Immobilienfonds (OIF) werden üblicherweise in eine der beiden niedrigsten Risikoklassen von insgesamt sieben eingeordnet und sprechen daher besonders sicherheitsorientierte Anleger an.

Diese investieren allerdings mit dem Verzicht auf höhere Renditen, wie die enttäuschenden Performancezahlen der letzten Jahre verdeutlichen.

Dass das vermeintliche Sicherheitsversprechen nicht uneingeschränkt hält, zeigt die kürzlich erfolgte Abwertung des OIF „UniImmo: Wohnen ZBI“ um rund 800 Millionen Euro an nur einem Tag.

Anleger sollten daher vor einer Zeichnung das jeweilige Fondsportfolio genau prüfen, wie Prof. Dr. Steffen Sebastian von der IRE|BS International Real Estate Business School im Interview mit dem Fachmagazin procontra rät.

Zudem empfiehlt er, sich nicht ausschließlich auf die Diversifikation innerhalb eines einzelnen OIF zu verlassen.

Generell gilt auch für die Risikoklasse 1: Anleger sollten nicht nur auf ein einzelnes Asset setzen, sondern ihr Kapital breit streuen. Demnach sollte lediglich ein Teil des Vermögens in offene Immobilienfonds investiert und dieser Anteil auf mehrere Fonds verteilt werden“, so Prof. Sebastian.

Die jüngsten Entwicklungen am Immobilienmarkt verdeutlichen, wie trügerisch die Wahrnehmung von Stabilität in dieser Anlageklasse sein kann. Vor allem die veränderten Rahmenbedingungen, wie steigende Zinsen, zunehmende Baukosten und sinkende Immobilienbewertungen, setzen den Fonds erheblich zu. Immobilien, die in einem lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld als besonders werthaltig galten, verlieren plötzlich an Attraktivität – mit direkten Auswirkungen auf die Nettoinventarwerte der Fonds.

Besonders betroffen sind Fonds mit starkem Fokus auf Wohnimmobilien in Ballungszentren oder Büroimmobilien in Innenstädten. Während früher regelmäßige Wertsteigerungen und stabile Mieteinnahmen erwartet wurden, sehen sich viele Fondsmanager nun mit sinkender Nachfrage, strukturellem Leerstand oder geringerer Zahlungsfähigkeit der Mieter konfrontiert. Dies macht sich unmittelbar in der Fondsbewertung bemerkbar – Rücknahmen werden erschwert, Ausschüttungen reduziert.

Hinzu kommt, dass Anleger bei offenen Immobilienfonds meist eine gewisse Illusion der Verfügbarkeit ihrer Einlagen hegen. Zwar suggeriert die tägliche Rückgabemöglichkeit Liquidität, doch bei Marktturbulenzen können Rückgabefristen und Haltefristen plötzlich zur Realität werden. Schon in der Finanzkrise 2008 mussten mehrere Fonds über Monate oder gar Jahre schließen, um eine geordnete Abwicklung zu ermöglichen. Der Fall „UniImmo: Wohnen ZBI“ ist somit nicht nur ein Einzelfall, sondern ein Warnsignal für strukturelle Risiken innerhalb des Modells.

Ein weiterer kritischer Punkt liegt in der Bewertungsmethodik offener Immobilienfonds: Die Immobilienportfolios werden regelmäßig, aber nicht täglich neu bewertet – anders als beispielsweise Aktienkurse. Dies führt dazu, dass Kursveränderungen verzögert sichtbar werden. Die scheinbare Stabilität im Kursverlauf kann damit eine trügerische Ruhe vorgaukeln, obwohl die Marktwerte real bereits gefallen sind.

Anleger, die sich für OIF interessieren, sollten daher nicht nur auf Risikoklassifizierungen und vergangene Renditen achten, sondern das gesamte Marktumfeld sowie die Strategie des Fonds hinterfragen. Transparenz in Bezug auf Objektstandorte, Mieterstruktur, Finanzierungsquoten und Leerstandsrisiken ist entscheidend. Nur so lassen sich Fehlentscheidungen vermeiden und Risiken besser kalkulieren.

Auch Berater und Vermittler sind gefordert, bei der Auswahl von Anlageprodukten differenzierter zu argumentieren. Die pauschale Einstufung als „sichere Anlage“ wird der Realität in einem volatilen Immobilienmarkt nicht mehr gerecht. Wer langfristig Vermögen aufbauen möchte, sollte OIFs bestenfalls als Beimischung im Portfolio betrachten – flankiert von liquideren und flexibleren Anlageformen.

 

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Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich illustrativen Zwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Es wird empfohlen, individuelle Versicherungsbedürfnisse mit einem qualifizierten Versicherungsberater oder Versicherungsmakler wie z.B. „AMB Allfinanz Makler“ zu besprechen.