Im Rahmen ihres langfristigen Risikomanagements müssen die Versicherer vorausdenken. Dies tun sie unter anderem in Form des sogenannten Own Risk and Solvency Assessment (ORSA; zu Deutsch in etwa: unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung), zu dem Versicherungsgesellschaften aufsichtsrechtlich verpflichtet sind. In der neuesten Ausgabe nehmen Klimawandelprognosen eine zentrale Rolle ein, die in verschiedenen Szenarien durchgespielt werden.
Der Versicherer-Gesamtverband GDV hat nun per Umfrage erhoben, worauf sich die Mitgliedsunternehmen in dieser Hinsicht einstellen. Demnach rechnet nur eine Minderheit von 46 Prozent noch damit, dass das 1,5-Grad-Ziel erreicht wird und als Grundlage der Risikokalkulation dienen kann. Eine große Mehrheit (77 Prozent) bereitet sich stattdessen auf einen globalen Temperaturanstieg von bis zu 4 Grad vor. Mit 28 Prozent geht sogar fast jeder dritte Versicherer noch mit Risikoszenarien über diese Marke hinaus. Wie sich das konkret im Wetter niederschlägt, muss zwar noch weiter erforscht werden, doch klar ist bereits heute, dass Naturkatastrophen häufiger auftreten dürften.
Die Tatsache, dass Klimawandelprognosen im ORSA-Prozess mittlerweile eine so prominente Rolle einnehmen, zeigt, wie tiefgreifend die Herausforderungen für die Versicherungsbranche geworden sind. Versicherer agieren stets mit einem langfristigen Planungshorizont, da sie Verpflichtungen eingehen, die teilweise über viele Jahrzehnte reichen. Um diesen Verpflichtungen zuverlässig nachkommen zu können, müssen sie einschätzen, welche Risiken in Zukunft an Bedeutung gewinnen – und der Klimawandel zählt zweifellos zu den größten Unsicherheitsfaktoren unserer Zeit.
Das ORSA verpflichtet Versicherungsunternehmen dazu, ihre individuellen Risikoprofile realistisch zu bewerten und gleichzeitig sicherzustellen, dass ausreichend Kapital vorhanden ist, um selbst extreme Stressszenarien bewältigen zu können. Dabei werden nicht nur finanzielle Risiken betrachtet, sondern auch operative, strategische und regulatorische Entwicklungen. Klimabedingte Veränderungen – etwa häufigere Extremwetterereignisse, steigende Meeresspiegel oder Dürren – wirken sich dabei nicht nur auf die Schadenhäufigkeit aus, sondern beeinflussen auch Asset-Management, Rückversicherungskosten, Tarifgestaltung und Unternehmensstrategien.
Die Ergebnisse der GDV-Umfrage zeichnen ein deutliches Bild: Ein großer Teil der Versicherer geht nicht mehr davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel erreichbar ist. Diese Einschätzung hat unmittelbare Konsequenzen für die Risikomodelle. Denn je stärker sich die Welt von diesem Ziel entfernt, desto intensiver und häufiger werden klimabedingte Schadenereignisse erwartet. Szenarien mit 3 oder 4 Grad Erwärmung gelten mittlerweile nicht mehr als unwahrscheinlich, und einige Unternehmen bereiten sich sogar auf noch drastischere Entwicklungen vor. Damit wird klar: Die Branche muss künftig mit Schadenhöhen rechnen, die deutlich über dem bisher beobachteten Niveau liegen.
Für Naturkatastrophenversicherungen bedeutet dies eine zunehmende Herausforderung. Stürme, Überschwemmungen, Hitzewellen und Waldbrände können Regionen innerhalb kürzester Zeit verwüsten. Solche Ereignisse führen nicht nur zu hohen Einzelschäden, sondern können ganze Risikoportfolios gleichzeitig treffen – ein Phänomen, das in der Versicherungsmathematik als „Kumulationsrisiko“ bezeichnet wird. Das Management solcher kumulativen Extremereignisse erfordert neue Kapitalpuffer, innovativere Rückversicherungskonzepte und eine verstärkte Kooperation zwischen Versicherern und Rückversicherern.
Auch für die Kapitalanlagen der Versicherer gewinnt der Klimawandel an Bedeutung. Steigende Temperaturen und geopolitische Folgen können Märkte destabilisieren und ganze Branchen transformieren. Unternehmen, die stark von fossilen Energien abhängig sind, stehen künftig vor erheblichen finanziellen Risiken. Gleichzeitig entstehen durch Investitionen in erneuerbare Energien, nachhaltige Infrastrukturprojekte oder klimaneutrale Technologien neue Chancen, die Versicherer in ihren strategischen Planungen berücksichtigen müssen.
Die Notwendigkeit einer Klimafolgenanpassung ist dabei nicht nur ein strategisches Thema, sondern zunehmend auch eine regulatorische Pflicht. Europäische Aufsichtsbehörden erwarten von den Versicherern, dass sie Klimarisiken transparent offenlegen, Nachhaltigkeitsfaktoren integrieren und langfristige Stresstests durchführen. Mit dem wachsenden Fokus auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) entsteht ein neues Verständnis von Verantwortung: Versicherer werden nicht nur als Risikoträger gesehen, sondern als aktive Gestalter der Transformation hin zu einer klimaverträglichen Wirtschaft.
Besonders herausfordernd bleibt die Unsicherheit darüber, wie sich der Klimawandel regional konkret auswirken wird. Modelle können Wahrscheinlichkeiten abbilden, doch viele klimatische Entwicklungen sind hochkomplex und von Wechselwirkungen geprägt. Für Versicherer bedeutet dies, dass sie flexibel bleiben und ihre Modelle fortlaufend aktualisieren müssen. Gleichzeitig arbeiten viele Unternehmen verstärkt mit Klimaforschern, Datenanalysten und wissenschaftlichen Instituten zusammen, um präzisere Risikoprojektionen zu erhalten.
Insgesamt zeigt die Entwicklung, dass der Klimawandel längst ein strategisches Kernthema der Versicherungsbranche geworden ist. Er beeinflusst sämtliche Unternehmensbereiche – vom Produktdesign über die Preisgestaltung bis hin zu Kapitalanlagen und Risikosteuerung. ORSA-Berichte machen deutlich, dass Versicherer nicht nur auf mögliche Entwicklungen reagieren, sondern sich aktiv auf eine Zukunft vorbereiten, die von immer extremerem Wetter geprägt sein könnte. Damit übernehmen sie eine wichtige Rolle im gesamtgesellschaftlichen Umgang mit den Folgen des Klimawandels.
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