Wer wie Versicherer Vermögenswerte sicher erhalten und mehren will, steht angesichts der anhaltenden Nullzinsen vor einer wachsenden Herausforderung. Als Alternative zu festverzinslichen Anlagen gewinnen Sachwerte daher immer mehr an Beliebtheit. Vor allem Immobilien versprechen Wertsteigerung und stetigen Cashflow, auch wenn die Kaufpreise mittlerweile in vielen Lagen den Mieten weit enteilt sind.

Die ungebrochene Attraktivität des Betongolds spiegelt sich in der Investitionsstrategie der deutschen Versicherer wider, die zu den institutionellen Schwergewichten an den Anlagemärkten gehören. Laut einer EY-Umfrage unter 30 Versicherern bestehen deren Portfolios mittlerweile zu 11,5 Prozent aus Immobilien, ein Rekordwert. 63 Prozent der teilnehmenden Assekuranzen wollen ihre Immobilienquote künftig weiter erhöhen. Vor allem geschlossene Immobilienfonds sind bei ihnen beliebt. Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich der Schwerpunkt zuletzt stärker von Logistik- auf Wohnobjekte verlagert, auf die im vergangenen Jahr 96 Prozent der Immobilieninvestitionen entfielen. 

Diese Entwicklung zeigt deutlich, wie stark der Trend zu Sachwerten in den vergangenen Jahren geworden ist. Die langanhaltende Niedrigzinsphase hat festverzinsliche Anlagen wie Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen weitgehend unattraktiv gemacht. Versicherer, die traditionell in großem Umfang auf solche Anlagen gesetzt haben, geraten dadurch unter erheblichen Druck. Ihre Verpflichtung, langfristige Garantien gegenüber ihren Kunden darzustellen, zwingt sie dazu, nach alternativen Renditequellen zu suchen – ohne dabei das Risiko übermäßig zu erhöhen. Immobilien erscheinen hier als idealer Kompromiss zwischen Stabilität und Ertragschance.

Besonders attraktiv sind Immobilien für institutionelle Investoren, weil sie nicht nur inflationsgeschützte Wertsteigerungen ermöglichen, sondern auch laufende Erträge in Form von Mieten generieren. In einem Umfeld steigender Baukosten und hoher Nachfrage bieten Wohnimmobilien eine vergleichsweise stabile Cashflow-Basis. Zudem gilt Wohnraum als besonders resilient gegenüber wirtschaftlichen Krisen: Menschen brauchen Wohnungen unabhängig von konjunkturellen Schwankungen. Die Verschiebung der Investitionsschwerpunkte weg von Logistik- und Gewerbeimmobilien hin zu Wohnobjekten verdeutlicht diese strategische Neuorientierung.

Geschlossene Immobilienfonds, die sich großer Beliebtheit erfreuen, bieten Versicherern zusätzliche Vorteile. Sie ermöglichen breit gestreute Investitionen in verschiedene Lagen und Immobilienarten, ohne dass umfangreiche Administrations- oder Managementaufgaben selbst übernommen werden müssen. Durch professionelle Fondsmanager werden Ankauf, Entwicklung und Verwaltung zentral gesteuert. Für Versicherer bedeutet dies eine effiziente Möglichkeit, in komplexe Immobilienmärkte zu investieren, ohne eigenes Know-how für jedes Teilsegment aufbauen zu müssen.

Die Pandemie hat diese Entwicklungen noch verstärkt. Büroflächen standen während der Lockdowns teilweise leer, und viele Unternehmen überdenken bis heute ihre langfristigen Flächenbedarfe. Logistikimmobilien profitierten zwar durch den Onlinehandel, dennoch zeigte die Volatilität der Märkte, dass nicht alle Segmente gleichermaßen krisenfest sind. Wohnimmobilien hingegen erwiesen sich als ausgesprochen stabil. Die Nachfrage nach Wohnraum blieb hoch, und Mietausfälle waren deutlich geringer als befürchtet. Für Versicherer bot dies eine zusätzliche Bestätigung, dass Wohnimmobilien als langfristige Investition besonders geeignet sind.

Gleichzeitig ist die steigende Immobilienquote in den Portfolios als Teil einer umfassenden Diversifikationsstrategie zu sehen. Versicherer müssen zunehmend regulatorische Anforderungen wie Solvency II berücksichtigen, die genaue Vorgaben zum Risikomanagement liefern. Immobilien bieten hier nicht nur einen stabilen Ertragsstrom, sondern auch vorteilhafte Bilanzierungsmöglichkeiten, sofern sie risikoadäquat bewertet werden. Dennoch ist der Anlagedruck hoch, denn attraktive Objekte in guten Lagen sind knapp, und die Konkurrenz um geeignete Investments ist groß.

Die zunehmende institutionelle Nachfrage wirkt sich auch auf die Kaufpreise aus. In vielen Regionen steigen die Preise schneller als die Mieten, was zu sinkenden Mietrenditen führt. Versicherer nehmen dies dennoch in Kauf, weil sie langfristig planen – oft über Zeiträume von 20 bis 30 Jahren – und daher kurzfristige Renditeschwächen akzeptieren können. Entscheidend ist für sie die Stabilität des Vermögenswerts und die Möglichkeit, verlässliche Erträge über Jahrzehnte zu erzielen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass Versicherer ihre Immobilienstrategien weiter verfeinern. Neben klassischen Wohnobjekten rücken zunehmend nachhaltige Gebäude, energieeffiziente Quartiersentwicklungen und ESG-konforme Immobilien in den Fokus. Diese erfüllen nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern entsprechen auch den Erwartungen ihrer Kunden, die zunehmend Wert auf verantwortungsbewusste Kapitalanlagen legen.

Insgesamt zeigt sich, dass Immobilien für Versicherer ein zentraler Baustein der Kapitalanlageplanung geworden sind. Die Kombination aus Krisenresilienz, planbaren Einnahmen und langfristigem Wertpotenzial macht sie zu einer bevorzugten Anlageform in herausfordernden Wirtschafts- und Zinsumfeldern – und dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen.